Knöpfe und Bänder

Samen und andere Minderheiten.

Im Samenmuseum in Kautokeino gefallen uns besonders die farbenfrohen Trachten. Früher konnte man an den Farben der bunten Bänder und an der Machart der Mütze die Familie des Trägers erkennen. Verheiratete Frauen durften viereckige Knöpfe tragen, unverheiratete nur runde. Somit war auf den ersten Blick alles klar. Endlich verstehen wir auch, was für einen Sinn die hochgezogenen Schuhspitzen haben. Im Winter konnte man hier in den Lederriemen der Ski einfädeln. Alles sehr durchdacht und funktionell. Und trotzdem sehr hübsch. Oder gerade deswegen. Nur bei den Unterhemden aus Rentierfell, die im Winter direkt auf der Haut getragen wurden, habe ich hinsichtlich der Bequemlichkeit meine Zweifel.
Die Samen teilen das Schicksal der meisten Minderheiten auf diesem Planeten. Lange Zeit wurden sie an den Rand gedrängt, ausgenutzt und geistig nicht für voll genommen. Auch wenn sich die Situation deutlich verbessert hat, kommt es immer noch zu Interessenskonflikten, z.B. als die norwegische Regierung in den 70er-Jahren ein Wasserkraftwerk am Altaelven bauen wollte.

Vor dem Supermarkt steht eine junge, zierliche Frau vor ihrem ziemlich vollgepackten Fahrrad und schaufelt Bohnen direkt aus der Konservendose in sich hinein. Leider hat ihre Jacke keine bunten Bänder sondern ist ganz einfach nur violett. Und sie hat auch keine Knöpfe sondern einen Reissverschluss. Also muss ich sie wohl nach ihrem Namen fragen.
Es handelt sich um Lotta aus dem Süden von Finnland. Lotta studiert Umweltwissenschaften mit dem Fokus auf Nachhaltigkeit. Sie ist die erste Radlerin aus einem skandinavischen Land, die uns begegnet. Die nächsten 60 Kilometer fahren wir zusammen, nach dieser Strecke wissen wir deutlich mehr voneinander. Wie schnell die Kilometer purzeln, wenn man spannenden Gespräche führt! Der Zufall will es, dass wir direkt am Pikefossen unser Zelt aufschlagen. Der Ausblick auf den Wasserfall ist grandios.
Am Abend gesellt sich Sebastian aus Grenoble zu uns. Er ist mit dem Fahrrad in der Gegenrichtung unterwegs. Er hat als Müllmann gearbeitet, um sich den Trip zu finanzieren. Nach der Tour will er eine Ausbildung zum Primarlehrer beginnen. Bald sitzen wir alle zusammen um das Feuer und essen. Dass vier völlig Fremde, die sich gerade erst getroffen haben, beieinander hocken und es sich trotzdem wie eine Familie anfühlt, das ist wohl nur auf Reisen möglich.