Oskar Echo Kilo Bravo Sierra

Zu Besuch beim König des Nordkaps.

Wendelin und ich werfen uns einen Blick zu. Das ist sie also. Unser Flugzeug, eine Piper Archer II. Ziemlich klein. Silberne Flügel aus genietetem Blech, ein schwarzer Propeller mit zwei Armen. Auf der Heckflosse eine kleine österreichische Flagge und die Flugzeugnummer OE-KBS. Schluck.
Wir bedanken uns bei dem Flughafenangestellten, der uns mit seinem knallgelben Auto zum Standplatz gefahren hat. Er winkt kurz und macht kehrt.
Fabian und Michi weisen uns ein. Wie öffnet man die Türe, wie bedient man das Headset, Schwimmwesten, Feuerlöscher usw.
Wie schwer bist du, fragt Michi Wendelin. 30 Kilo, antwortet Wendelin. Dann sitzt du hinter Fabian, sagt Michi, das geht sich gut aus.
Von innen erinnert das Flugzeug an einen VW Käfer, nur viel schmaler. Vorne ist alles voller Instrumente, ein paar davon kann ich erkennen, GPS, künstlicher Horizont, Höhenanzeige. Andere sind mir völlig unbekannt. Wir setzen das Headset auf, Fabian geht mit lauter Stimme die Checkliste durch. Noch irgendwelche Fragen, sagt er an uns gewandt. Wendelin und ich sehen uns nochmals an, schütteln den Kopf. Passenger Briefing, done, sagt Fabian.

Oskar Echo Kilo Bravo Sierra, ready for Departure.
Oskar Bravo Sierra, clear for Take-Off on runway number zero one.
Clear for Take-Off, runway zero one, Oskar Bravo Sierra.

Die Drehzahl der Propeller geht hoch, das Flugzeug vibriert, wir beschleunigen. Wir fliegen! Tromsø wird kleiner, schon sieht man die ganze Insel, auf der die Stadt liegt, den Fjord. Die Piper neigt sich, wir drehen nach rechts ab. Das nächste Ziel ist der Flughafen von Alta. Fabian fliegt, Michi unterstützt ihn mit der Routenplanung und der Kommunikation. Ich versuche die Funksprüche zu verstehen, manchmal klappt es, meistens nicht. Unten ziehen Fjorde, Berge und hin und wieder eine kleine Ortschaft an uns vorbei. Von oben sieht das Ganze viel grösser aus, einsamer. Die Küste ist unglaublich zerstückelt, eine klare Küstenlinie ist nicht erkennbar, überall sind Inseln, Halbinseln und Fjorde in unterschiedlichster Grösse. Da sind die Lyngenalpen, sie sehen von oben mindestens so schön aus wie von unten.

Nach Alta geht es weiter in Richtung Nordkap. Ja, richtig, wir werden es noch mal von oben sehen, schliesslich ist es auch das Ziel von Michis und Fabians Reise. Die Wohnwägen sieht man von weitem. Von hier sieht man, wie schroff das Plateau ins Meer abbricht. Es ist ein seltsames Gefühl wieder hier zu sein, diesmal aus der Beobachterposition. Wir winken dem Nordkap noch ein letztes Mal zu.

Zwischenlandung in Honningsvåg. Kim, the King of the Northcape, Sicherheitschef und momentan einziger anwesender Mitarbeiter am Flughafen, lädt uns in sein Büro ein. Er ist auf den Lofoten geboren, unserem nächsten Ziel. Man merkt den Stolz in seiner Stimme, das Nordkap sollen wir vergessen (er nennt es nur „the rock“, selber war er noch nie da), wenn wir was Schönes sehen wollen, seien wir auf den Lofoten besser dran. Er druckt rasch eine Karte aus. Hier ein schöner Strand, dort ein Bootsverleih, der Nusfjord, sozusagen ein Geheimtipp, und von hier bis da das Land seiner Familie. Ganz besonders schön.
Nach unserer Audienz bei Kim geht es ohne Halt zurück nach Tromsø, wo wir am Abend eintreffen. Nach einer Ladung Spaghetti Bolognese kriechen wir müde und voller neuer Eindrücke in unsere leider ziemlich feuchten Schlafsäcke. Morgen bleiben wir in Tromsø, das Wetter ist für einen Weiterflug zu heikel.