Schwedische Raritäten

Oder was ein kleiner Frontenwechsel für einen grossen Unterschied machen kann.

Zehn Punkte! schreit Wendelin und schaut triumphierend. Oh nein, hätte ich doch besser acht gegeben! Dann hätte ich das norwegische Auto sicher auch gesehen. Unser neues Spiel haben wir „Spotting“ getauft. Es geht darum, Dinge zu finden die in Schweden ziemlich selten zu sein scheinen. Wie zum Beispiel ein ausländisches Auto - zehn Punkte. Für einen Velofahrer gibt es fünf, sollte es gar ein Tourenvelofahrer sein, 20 Punkte (letzteres ist bis jetzt nicht vorgekommen). Für einen Lebensmittelladen gibt es 15 Punkte, den ersten seit Göteburg haben wir heute morgen in Vedum ausfindig gemacht - nach ca. 175km. Es zeigt sich, dass wir hier mit dem Essen etwas vorausplanen müssen. Das ist uns heute Morgen beim letzten Rest Müsli mit Kaffeeweisser-Milch bewusst geworden. Nicht dass es hier gar keine Supermärkte gibt, aber sie zentrieren sich um die Hauptverkehrsachsen und die grösseren Ortschaften. Der Sverigeleden, dem wir beide folgen, führt jedoch an den Nebenstrassen entlang. Und wenn man keine Umwege von 30km oder mehr in Kauf nehmen will, muss man wohl oder übel auf die nächste Stadt warten. Und dass kann durchaus 150km dauern.
Heute morgen sind wir zeitig aufgebrochen, um vor dem angesagten Regen noch möglichst weit zu kommen, vielleicht sogar bis zum Campinplatz in Falköping, wo wir auf eine Küche und eine warme Dusche hoffen dürften. Die Hoffnung erfüllt sich, allerdings müssen wir hart dafür kämpfen, der immer stärker werdene Wind kommt mal von vorne, mal von der Seite. Am Schluss wird es richtig dramatisch, der Wind schwillt zu einem Sturm an und erste Tropfen fallen vom Himmel. Wir können seitlich in den Wind liegen und fahren sozusagen in der Schräge. Wir beissen die Zähne zusammen. Da, der lang ersehnte Moment: die Strasse macht einen 90 Grad-Kurve. Yihaahh! Die letzten 10km blässt uns der Rückenwind nach Falköping, wir fahren mühelos 32 km/h und mehr.
But it really is a Killer-Slope, sagt der bärtige Schwede mit einem Seitenblick auf Wendelin und deutet die ansteigende Strasse hoch. Der Camping ist auf einem „Berg“, dem Mösseberg, hier gibt es im Winter sogar eine Skipiste. Killer-Slope? Naja, sieht eher nach einem Hügelchen aus. We are from Switzerland, entgegne ich. 10 Minuten später stehen wir oben. Den Nachmittag verbringen wir in der geheizten Küche.