Nordic Yoga

Oder über die Reichweite von Klopapier.

Es geht wieder in Richtung Landesinnere, die Route führt entlang der Nummer 131. Die Strasse ist zweispurig. Im Minutentakt fahren grosse LKW‘s mit Anhänger an uns vorbei. Jedesmal werden wir von einem Windstoss fast aus der Bahn geworfen, wir kneifen vorsorglich die Augen zusammen, damit sie von Wind und Staub nicht zu tränen beginnen. Die meisten Laster sind bis zum obersten Rand mit Baumstämmen gefüllt. Die, welche uns entgegenkommen. Diejenigen, die uns überholen, sind leer. Wohin sie fahren ist leicht zu erraten. Die Zellulose-Fabrik verfolgt uns in Richtung Ramsele.
Langsam gewöhnen wir uns an die riesigen Wälder. Lange, fast gerade Strassen, rechts und links Bäume, hin und wieder, in zunehmendem Abstand, ein paar Häuser. Das Navigieren ist einfach. Ich sehe kurz auf das GPS und schalte das Gerät wieder ab, bis in 20km die nächste Abzweigung kommt. Attraktionen sucht man hier vergebens. Auch schöne Pausenplätze sind eher Mangelware, meistens müssen wir uns mit einer Ausweiche oder einem Forstweg begnügen. Es wird ruhiger, einsamer. Die Natur wird dominanter, der Mensch etwas unbedeutender.
Gegen Abend erreichen wir den Graningesjön, wir finden einen Zeltplatz am Seeufer. Nach einem kurzen Bad und ein paar Wienerli (ja, die gibt es auch hier) ziehen wir uns wegen der Mücken ins Zelt zurück. Die kleinen Biester sind allgegenwärtig. Vor ein paar Tagen hatten wir geschätzte 200 Stück davon im Zelt. Zum Glück nicht in der Schlafkabine. Um das zu vermeiden, bedarf es einer speziellen Technik. Man kniet sich vor den Eingang, öffnet den unteren Rand der Türe, verlagert das Gewicht auf die Arme und taucht mit dem Kopf voraus in den Schlafraum. Innen richtet man sich zur Kobra auf und zieht die Füsse nach. Nun dreht man sich schnellstmöglich um 180 Grad und schliesst den Reissverschluss. Angewandtes Yoga sozusagen.