Midsommar!

Das schwedische Fest der Feste.

Midsommar! Das schwedische Fest der Feste! Bereits am Morgen, als wir die Tür unserer Hütte öffnen, dringt laute Musik an unser Ohr. Johnny B. Good, Sweet Home Alabama, Crazy little thing called love. Hier am Camping wird heute gross gefeiert, die Oldtimer-Luxuskarren und Wohnmobile stehen vor der Reception Schlange. Schon bald ist der Platz, gestern noch halbleer, voll von blitzblanken Chevrolets und rostigen Dodges, viele haben riesige Lautsprecher und Bassboxen eingebaut, aus denen schon bald von überall her Musik tönt. Heute eröffnet auch der Zoo, der sich neben dem Campingplatz befindet. Wir kaufen eine Eintrittskarte und schauen uns um. Es gibt Ziegen, Esel und Schweine, die grosse Attraktion sind jedoch die Bären und die Tiger. Auch unseren ersten Elch bekommen wir hier zu Gesicht, nur leider hinter einem Zaun. Auf dem Gelände steht ein riesiges Zirkuszelt, drinnen stehen einige Trampoline, Hüpfburgen, ein Trapez und einige Spielsachen. Es gibt eine Bude mit Zuckerwatte und eine kleine Bühne. Das ganze ist ziemlich trashig, das Trapez hängt schief und das Sicherungsnetz an einer Hüpfburg hängt in Fetzen herunter. Wendelins Augen fangen an zu leuchten, ein Paradies für wilde Jungs, die schon viel zu lange nicht mehr im Skills Park waren. Mir ist sofort klar, vor der Sperrstunde kommen wir hier nicht heraus.
Derweil sind die Schweden schon fleissig am bechern. Gegen Abend sind die meisten schon ziemlich heiter, um halb zehn Uhr abends müssen sich die meisten beim Sprechen schon ziemlich anstrengen. Manche wanken bereits beim Gehen. Dementsprechend viel Betrieb ist auf der Toilette (auch wenn die meisten einfach an den nächsten Baum pissen). Auf dem Klo sitzend, hebe ich die Füsse in die Luft und hoffe, dass die Pfütze unter mir nur verschüttetes Bier ist. Alle sind die besten Freunde, jeder feiert mit jedem, man kann kaum ein paar Meter gehen, ohne angesprochen oder auf ein Bier oder einen Snooze eingeladen zu werden. I will be really drunk, sagt ein Schwede, mit dem ich eine Weile geplaudert habe, zum Abschied. Maybe i won‘t recognize you tomorrow! Dann fährt er johlend mit seinem Mini-Motorrad los, seiner Clique hinterher, mehr Bier holen.
Wendelin hat einen Freund gefunden, leider kann er weder Deutsch noch Englisch, aber was macht das schon an Midsommar? Sie haben angefangen, leere Getränkedosen zu sammeln. Für die gibt es Pfand, am heutigen Abend sicher ein einträglicher Job.
Schliesslich landen wir im Vorzelt von Björn, dem Vater von Jon, Wendelins Freund. Björn ist sternhageldicht, ein paarmal fällt er fast vom Stuhl. Nicht lange, und er bringt seinen Selbstgebrannten, irgendeinen Kartoffelschnaps, den er in seiner illegalen Brennerei herstellt. Ich nippe vorsichtig an dem Glas, selbst als Nicht-Alkoholiker merke ich, dass der Schnaps nichts Besonderes ist. Trotzdem nicke ich anerkennend (was bleibt mir schon anderes übrig). Da sagt Björn: It‘s not good...but it has 50 percent of alcohol! In diesem Moment sieht mir meine Tischnachbarin tief in die Augen und prophezeit, meine Mutter hätte einen komplizierten Namen, sie hätte eben mit ihr kommuniziert. Geht so, sage ich, sie heisst Erika. Dann war es die Grossmutter, entgegnet die blonde Mitvierzigerin.