Aaah!

Verschiedene Arten von Kitsch.

An manchen Tagen kommt man nicht vom Fleck. Nachdem wir unsere Stuga aufgeräumt haben, verplaudern wir uns mit einem Schweizer Paar. Die beiden sind in Rente und sind jedes Jahr mehrere Monate mit ihrem Wohnwagen unterwegs. Im Sommer geht es in den Norden, im Winter in den Süden.
Danach laufen wir über den Markt. Ich bin etwas enttäuscht. Es gibt viel billigen Plunder, Legofälschungen, billige T-Shirts, Zuckerwatte. Natürlich nicht nur, zwischendrin sind auch Stände mit samischem Handwerk, selbstgestrickten Handschuhen und eigenem Honig.
Nach wie vor regnet es in Strömen. Wir gehen einkaufen, essen Hamburger. Tun alles, um nicht losfahren zu müssen. Danach ist es ungefähr 14.00 Uhr. Oh Mann, wir wollten heute doch weiterfahren! See you later on the Camping, sagt ein holländischer Radfahrer vor dem Supermarkt und grinst schadenfroh.
Nein, so einfach geben wir uns nicht geschlagen! Die nächste kurze Regenpause ist unser Startschuss. Und wenn wir nur 30 Kilometer schaffen sollten, wäre das auch egal. Wir entscheiden uns, auf der Route 99 zu bleiben, anstatt den Umweg über Vittangi zu fahren. Niemand von den Leuten, die ich in den letzten Tagen darauf angesprochen habe, konnte mir einen Grund nennen, der diesen Umweg rechtfertigt.

Hier an der Grenze sind die meisten Ortsnamen finnisch. Die Finnen sind die Meister der Vokale, besonders gerne haben sie das A. Manche Ortsnamen bestehen zu 60 Prozent aus diesem Buchstaben, zum Beispiel Aareavaara. Sechs A, vier andere Buchstaben. Wow! Wir versuchen ein deutsches Wort mit sechs A zu finden. Magazinjahresaboanmeldetalon. Naja. Da klingt Aareavaara schon besser.
Gegen Abend wird das Wetter schöner. Nach 45 Kilometern treffen wir auf eine Raststätte. Diese gibt es hier in der Gegend in unregelmässigen Abständen. Meistens bestehen sie aus einem einfachen Unterstand und einem Plumpsklo. Unsere ist besonders gepflegt: eine runde Hütte direkt am Flussufer, mit Feuerstelle in der Mitte, Klo und Holzvorrat. Wir müssen nicht lange überlegen - hier bleiben wir! Wir machen Feuer, kochen, richten uns ein. Das Zelt bleibt im Sack, wir legen unsere Matte einfach auf den Fussboden. Am Abend reisst der Himmel auf, der orange-rote Sonnenuntergang mischt sich mit dem dunklen Blau des Flusses, die Umrisse der Bäume heben sich schwarz gegen den Himmel ab. Die Blüten der Blumen am Flussufer schaukeln als violette Tupfer sachte im Wind. Wir sind völlig allein. Kitsch pur!